[DSA-Kolumne] 

High Fantasy & Low Fantasy: Was davon ist DSA und was ist das ganze Überhaupt?

02.09.2012, 14:00 Uhr
DSA-Kolumne
Die erste Begegnung mit den Kategorien

Einer der erste Dinge, die ich über „Das Schwarze Auge“ erfahren habe, war, dass es sich dabei um Low Fantasy handelt, was im Kontrast zu High Fantasy steht. Nun stellte ich die obligatorische Fragen: Was ist Low-Fantasy? Was ist High-Fantasy? Und was unterscheidet die beiden? Mir wurde geantwortet, dass es sich dabei um ein raueres und mehr ans reale Mittelalter angelehntes Setting geht, in der es zwar schon fantastische Elemente, wie Magie oder Elfen gibt, aber sie nicht die Welt dominieren und auch nicht zu inflationär darin vorkommen. Mit dieser Interpretation von Low Fantasy war mir lange Zeit gedient, auch was High Fantasy war, erschloss sich mir selbstverständlich gleich. Es musste sich um das Gegenteil handeln, also bombastische Welten mit Fantasy in Hülle und Fülle, wo andere Rassen und Kreaturen auch vorherrschen können.

Als junger Meister ohne viel Erfahrung mit dem DSA griff ich beim Pen & Paper unverhohlen in die High-Fantasy-Kiste und zauberte für meine Gruppe eine Welt voller mächtiger Artefakte und gigantischer Konflikte, die vor Epik nur so sprudelten. Gerade, wenn ich unter einem erfahrenen Meister DSA spielte, merkte ich da einen deutlichen Unterschied. Der Einsatz der Mittel war viel sparsamer, dadurch wurde das Spiel ein Zacken authentischer und auch rauer. Lange krankte ich an dem Problem, einfach eine Vorliebe für die großen, epischen Geschichten zu haben und ich fragte mich, ob DSA als Meister für mich überhaupt noch etwas wäre. Meine Spieler versicherten mir, dass ihnen das Spiel unter mir viel Spaß machte und sie äußerten auch keine Bedenken wegen des hohen Anteils an High-Fantasy-Elementen. Dennoch nagte es an mir. Mit einer der ersten Informationen war für mich eben gewesen, dass es sich bei DSA um Low-Fantasy handelte und genau diesen Aspekt sollte ich nicht hinbekommen. Das konnte nicht sein.

Der Sprung ins Ungewisse – Ist weniger, wirklich mehr?

Ich arbeitete an mir, es war eine Qual. Die ganzen schönen bombastischen Ideen, die durch meinen Kopf schwirrten, alle für die DSA-Welt nicht geeignet? Oder schon, aber dann nur eben der Parallel-Welt-Linie unserer Gruppe? Wie Kryzten in ihrer Kolumne ja geschrieben hat, besitzt das DSA eine Historie, die auch in den Regelwerken festgehalten ist. Dort gibt es zwar immer wieder Ansatzpunkte für Interpretationsspielräume, jedoch ist das, was im Allgemeinen als „Meta-Plot“ bezeichnet wird, das, was unveränderbar DSA-Historie ist und bleibt. Es steht jeder Gruppe frei, Teile der Historie umzugestalten und selbst kreativ zu werden, doch war es gerade für mich immer etwas sehr Schönes, sich mit der Geschichte Aventuriens auseinanderzusetzen und die vielen Details, die die Zeitrechnung bereithält, für einen unvergesslichen Spielabend aufzubereiten.

Und das tat ich dann auch. Ich riss mich am Riemen. Orks, Elfen, Goblins, mächtige Artefakte usw. strich ich mal für ein Abenteuer. Es sollte etwas ganz Rohes sein. Die Menschen im Mittelalter hatten nicht viel und die Verhältnisse waren auch ganz andere. Wer in einer Großstadt lebt, wird zum Beispiel richtige Dunkelheit in der Natur kaum kennen. Aber, wenn dann mal ein Marsch bei Nacht durch den Wald gemacht wird, ist das eine mehr als unübersichtliche Sache, aber auch eine interessante Erfahrung und ein kleiner Blick darauf, wie es mal gewesen sein muss ohne die vielen Annehmlichkeiten der heutigen Zeit auszukommen.

Ich entwarf ein schmales Setting. Ein Dorf sollte es sein, das eine Welt für sich darstellen sollte. Ein sogenanntes Closed-Area Szenario, wie bei Filmen im Action-Genre zum Beispiel „Stirb Langsam“, wobei der Wolkenkratzer auch eine Welt für sich darstellt. Weitere Beispiele wären „Mord im Orient-Express“ von Agatha Christie oder der Film-Klassiker „Die 12 Geschworenen“. Mein Dorf sollte ganz mittelalterlich funktionieren. Es gab also Bauern, einen Dorfvogt, der gleichzeitig Büttel war, und einen Praiosgeweihten am Ort. Das Ganze siedelte ich in Garethien an. Ich verzichtete darauf, ein bereits im DSA-Kanon vorhandenes Dorf zu nehmen, gerade weil ich etwas rumprobieren wollte. Ich entwarf eine schlichte Geschichte mit ein paar Konflikten zwischen einer Bauersfrau, der nicht geglaubt wird, dass sie ihren Zehnt bezahlt hatte und einer Eifersuchtsgeschichte um einen weiteren gutaussehenden Bauern, der im Travia-Bund mit einer wundervollen Frau stand, also mit ihr verheiratet war, aber von einer jungen Schönheit durch viele Intrigen zum ehelichen Betrug verführt wurde. Das ganze sollte sich hochschaukeln können bis zu einem Mord, der dann auf den Treppen des Praios-Tempel des Dorfes vollbracht werden sollte und zwar von der guten und treuen Ehefrau an ihrem eigenen Mann, weil das Netz der Intrigen so groß geworden war, dass es ihre Sinne vernebelte. Die Helden meiner Spielgruppe sollten aber die Möglichkeit bekommen, das Intrigenspiel der jungen Schönheit zu beenden, sie der gerechten Strafe zuzuführen - die Verbannung.

Das war mein Plan, doch mir lag nicht viel an der Geschichte, die ich mir ausgedacht hatte, mir lag mehr daran insgesamt mehr Low Fantasy ins Spiel zu bringen, die Geschichte war nur ein Baustein dafür. Ich arbeitete also weiter am Setting. Eine klassische Situation war zum Beispiel der Einkauf auf dem Markt. Früher zog ich meist einfach die Preisliste, wenn die Spieler etwas kaufen wollten und ließ sie haben was sie eben bezahlen konnten. Bei dem von mir entworfenen Dorf, sollte es dieses Mal anders sein. Das Dorf hatte keinen Markt, Lebensmittel konnten direkt bei den Bauern gekauft werden, wenn die Helden Glück hatten, gab es in der kleinen Schenke noch ein Laib Brot, wenn es nicht schon ein Reisender vorher ihnen zuvor gekommen war. Die Helden entschlossen sich also, der Frau mit dem fehlenden Dorfzehnt zu helfen und arbeiteten beim gutaussehenden Bauern, damit er den Zehnt dann für die Bauersfrau übernehmen konnte. Es war ein sehr sparsames Spiel, vieles was die Helden haben wollten, woran ich sie vorher durch meine High-Fantasy-Vorlieben dran gewöhnt hatte, gab es nicht, und ich merkte, dass ihnen das gefiel. Sie sahen darin nicht ein Verzicht von total viel Großartigem, sondern ein Gewinn hin zu mehr Authentizität und das erfüllte mich ehrlich gesagt, als sie es mir dann sagten, auch ein wenig mit Stolz.

Passt High Fantasy denn wirklich nicht zum DSA?

So entwickelte ich meinen DSA-Low-Fantasy-Stil weiter, er gefiel mir, ebenso wie den Spielern. Ich meinte endlich meinen Zugang zur DSA-Welt auch als Meister gefunden zu haben. Doch was war das? Da gab es eine Kampagne, die groß war und in Aventurien, also in der DSA-Welt spielte. Sie besaß gigantische Ausmaße über mehrere Jahre, die Epik war erdrückend und Folgen weltverändernd! Ich spreche von der „7 Gezeichneten-Kampagne“, die die Rückkehr Borbarads, einen der mächtigsten Schwarzmagier Aventurien thematisierte. Es gab mächtige Items und mächtige Gegner, sprich: Es war bombastisch, also High-Fantasy. Ich ging zurück zu den Anfängen. Die erste Edition des P&P-DSA war mehr eine Übertragung des amerikanischen Dungeons & Dragons (D&D). Das amerikanische Pendant war immer High Fantasy gewesen und so hatte auch DSA ganz am Anfang eine offene Welt, die mit vielen High Fantasy-Elemente spielte. War High Fantasy vielleicht immer im DSA dabei gewesen und die Trennung unsinnig? Je genauer ich guckte, erkannte ich, dass es immer schon ein Zusammenspiel von High- und Low-Fantasy-Elementen war, was das DSA ausmachte. Jedoch war die Gewichtung häufig mehr auf dem Low Fantasy gelegen. Es galt also nicht das eine zu tun und das andere zu verbannen, sondern beides gekonnt miteinander zu vereinen.

Dies war der Punkt, an dem ich mehr wissen wollte. Was dachten überhaupt andere wie die beiden Kategorien definiert seien. Also schlug ich nach. Der erste plakative Vergleich den ich fand war. Conan (der Barbar) ist Low Fantasy und Der Herr der Ringe ist High Fantasy. Mit meinem Vorwissen ergab das für mich schon irgendwie Sinn. Der von Robert E. Howard erfundene Conan war viel roher, als die bis ins filigranste Detail ausgedachte Welt Tolkiens. Low Fantasy sollte seinen Ursprung in der sogenannten Pulp-Literatur (Pulp = englisch für Müll) haben. Also Geschichten aus billigen Sci-Fi-Blättchen (z.B. „Weird Tales“) in den USA der 1930er bis 1950er Jahre. Dabei werden Frauen häufig als reine Lustobjekte oder als Amazonen dargestellt. Auch der beliebte Horror-Autor H.P. Lovecraft ist im Weitesten Sinne dem Low Fantasy zuzuordnen. Durch die starke Affinität seiner Geschichten zum Science Fiction, kann er auch eher dem Subgenre „Dark Fantasy“ zugerechnet werden. Einer aktuell sehr beliebter Low Fantasy-Roman ist George R. Martins „Das Lied vom Eis und Feuer“, das gerade populär mit der US-TV-Serie „Game of Thrones“ verfilmt wird.

Schnell fiel mir bei meiner Recherche auf, dass Low Fantasy eher der Abgrenzungsbegriff zu High Fantasy als umgekehrt. Das Low Fantasy droht immer wieder vom High Fantasy verschlungen zu werden, während Low-Fantasy-Elemente in einem High-Fantasy-Setting oft bereichernd wirken und sich angenehm einfügen. Somit, war die Definition von High Fantasy auch wesentlich interessanter.
Als Beispielautoren werden neben Tolkien, Terri Brooks und Tad Williams genannt. Die Welt sollte eine komplett eigenständige oder eine Parallelwelt sein. Meist mit detaillierter eigener Flora und Fauna ausgedacht, wird auch häufig eine völlig neue Religion für die High-Fantasy-Welt erdacht. Es gibt also keine Grenzen mehr und der Epik, sind, wie bereits erwähnt Tür und Tor geöffnet. Als Vorläufer kann zum Beispiel „Alice im Wunderland“ von Lewis Caroll angesehen werden. Alice flieht in eine Parallelwelt in der eigene Regeln gelten und die Gesetze der Physik völlig anders funktionieren. Als ein noch viel weiter zurückliegender Vorgänger des High Fantasy kann etwa Wolfang von Eschenbachs „Parzival“ aus dem 13. Jahrhundert oder die Artus-Sage und andere weit zurückliegende Heldensagen gelten. Meist funktioniert der Aufbau hierbei sehr schematisch. Eine globale Bedrohung muss abgewehrt werden, dafür müssen die Helden auf eine sogenannte „Aventuire“, die in etwa heute mit Queste übersetzt werden kann. Die Quest ist dabei, wie beim „Der Herr der Ringe“ selbst das Ziel und der Erkenntnisgewinn des Helden, zu was er in der Lage ist und was nicht, mehr wert, als Reichtümer und Ruhm. Obwohl es zwar auf den ersten Blick so wirken kann, dass solch archaische Schriften aus dem Mittelalter, wie etwa die Artus-Sage so roh sind, dass sie eher dem Low Fantasy zuzuordnen ist, trügt der Schein hier. Gerade die Vorstellung eines idealisierten europäischen Mittelalters ist hier eines der wichtigsten Defintionsmerkmale. Zudem kommt, dass die große Epik solcher altertümlichen Heldensagen, wie bereits erwähnt, ein besonderes Charakteristikum von High Fantasy ist.

Butter bei die Fische – Was ist denn jetzt mit Low & High Fantasy und DSA

Wie bereits erwähnt lässt sich eine deutliche Low-Fantasy-Tendenz in vielen Regelwerken des DSA erkennen, aber gerade die Borbarad-Kampagne um die „Sieben Gezeichneten“ brachte viele Veränderungen, unter anderem die Schwarzen Lande, die später zu Schattenlanden wurden, aber immer noch ein starkes High-Fantasy-Element in der DSA-Welt sind. Schauen wir in die Historie des DSA erkennen wir natürlich High Fantasy-Elemente ohne Ende. Das Auftreten von wahrhaftigen Göttern im Kampf in der Dämonenschlacht von Brig-Lo oder die Drachenkriege. Es wirkt fast so, als hätte es mal viel mehr High Fantasy in der Vergangenheit Aventuriens gegeben und nach und nach wurde immer mehr begraben und geriet in Vergessenheit. Ist es vielleicht auch eine Chance, sich große Ereignisse der Vergangenheit zu Nutze zu machen und sie für eigene Kampagnen zu verwenden? Erst mal ist das natürlich möglich, aber es gilt natürlich auch immer abzugleichen, ob es nicht schon etwas von offizieller Seite darüber gibt. Sei es ein Abenteuer oder Kampagne oder nur ein Abschnitt in einem Regelwerk. Wenn das nicht der Fall ist, stehen natürlich alle Möglichkeiten offen, aber es gilt nicht zu vergessen im DSA auch immer eine Schippe Low Fantasy, also raue und derbe Kost bereit zu halten. Oft sind es diese Kleinigkeiten, die der DSA-Welt im Spiel seine Einmaligkeit verleihen. Außerdem muss es ja auch nicht immer gleich eine riesige Kampagne oder eine epische Story über ein mächtiges Artefakt sein. DSA funktioniert sowohl im Kleinen, als auch im Großen. Während im Großen solch Kampagnen wie „Das Jahr des Greifen“, „Die Sieben Gezeichneten“ oder „Simyala“ bereit liegen, um gigantische Abenteuer zu erleben, sind im Kleinen dergestalt viele Details zu finden, dass eine Authentizität entsteht, die einmalig ist.

Euer hangingtree

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