[DSA-Kolumne] 

Die DSA-Welt und wir: "Mit großem Wissen kommt große Verantwortung"

22.07.2012, 12:49 Uhr
DSA-Kolumne
Die DSA-Welt und wir: "Mit großem Wissen kommt große Verantwortung"


Aventurien am Schlafittchen packen!

Ob man sich dem Schwarzen Auge über Computerspiele, das Pen&Paper-Rollenspiel oder die DSA-Romane nähert, früher oder später erfasst den Interessierten der Wunsch, mehr über Aventurien zu erfahren. Der Kontinent selbst, insbesondere im Vergleich zur Hintergrundwelt anderer Rollenspiele, aber auch Computer-RPGs und Romane, erweckt von seiner reinen Größe her den Eindruck recht übersichtlich und beschränkt zu sein. Da die Welt des Schwarzen Auges in den beinahe 30 Jahren ihrer „Existenz“ aber immer weiter ausgearbeitet und verfeinert wurde, finden sich inzwischen unzählige Texte und jede Menge Hintergrundmaterial mit dem wir uns befassen können. Ihre Anziehungskraft entfesselt sie deshalb selten durch ihre Freiheit oder durch das Füllen weißer Flecken auf der Landkarte. Stattdessen sind sich die meisten Freunde dieser Welt darin einig, dass Aventurien vor allem durch seine sorgfältige und liebevolle Ausarbeitung besticht. Es wird schwierig ein Stückchen Land auf der Karte zu finden, dass nicht von der eifrigen Redaktion bereits einer Herrschaft, einer Klimazone, einer Kultur und einer ganz bestimmten Vorgeschichte zugeordnet wurde. Doch genau diese Einschränkungen sind es, die für viele die Faszination am Schwarzen Auge ausmacht. All die Vorgaben und Details, die manchem D&Dler als Zwangsjacke erscheinen würden, bilden im großen Ganzen ein enges Geflecht aus interaventurischen Beziehungen, überregionalen Problemen und magischem wie göttlichem Wirken. Diese Komplexität folgt dabei einem besonderen Prinzip des DSA: Dem fantastischen Realismus. Er soll es denen, die in die Welt des Schwarzen Auges eintauchen, ermöglichen eine durchaus komplizierte Welt erleben und darstellen zu können. Eine Welt, die so dicht (und manchmal auch unübersichtlich) ist, dass sie den Eindruck von Echtheit und (soweit dies in einer erdachten Welt möglich ist) eben Realismus vermittelt. In kaum einem anderen Regelwerk finden sich daher so viele Zitate, Abrisse und Aussagen, die angeblich aus der Spielwelt selbst zitiert sind. Denn es gibt keinen Regeltext, der nicht mit ein paar Zeilen eines Gelehrten, Magiers, KGIA-Agenten oder Abenteurers gewürzt wäre. Sie sollen Wissen vermitteln, Stimmung schaffen und die „DSA-Realität“ um ein paar Nuancen erweitern.

Doch oft ergibt sich daraus bald ein Problem. Denn eh der neugierige DSA-Erforscher sichs versieht, hat er eine beachtliche Menge von Wissen angehäuft und bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass er irgendwann mehr weiß als der durchschnittliche aventurische Bauer, der eigene Held, ein Gelehrter oder gar die weisesten der Weisen. Denn das „Wissen“, das uns in den meisten Regelwerken aber auch Büchern und Spielen begegnet, ist oft nicht so aufbereitet, dass im ersten Augenblick klar wird wie es in der DSA-Welt selbst bewertet wird.

Wissen über die DSA-Welt: "Die zwei Seiten des Dukaten"

Insbesondere die Abschnitte, die sich mit den Regeln des Rollenspiels befassen, stellen z.B. oft einfach (vermeintliche) allgemeine Wahrheiten in den Raum, die jedoch auf Aventurien selbst oft gar nicht oder nur sehr wenig bekannt sind. So wird in den Regeln zu den Liturgien und Wundern der Geweihten erklärt, dass der jeweilige Gott seinem Priester nach der Weihe eine gewisse Menge von Karmaenergie zur Verfügung stellt, damit dieser wiederum nach eigenem Ermessen damit verfahren und wundersame Wirkungen erzeugen kann. Wie dies jedoch in der aventurischen Realität erklärt und von den einzelnen Priestern wahrgenommen wird, wird nicht erwähnt. So wäre es durchaus vorstellbar (und so war es nach älteren Regeln auch), dass die Karmaenergie nur eine abstrakte Verrechnungseinheit dafür ist, wie beliebt der Geweihte bei seinem Gott ist und wie viel Potential er also hat seinen Gott um ein Eingreifen zu bitten. Beide Vorstellungen wären in der DSA-Welt selbst sicher legitim. Texte dieser Art mögen ein netter Service der Redaktion sein, doch können wir daraus leider kaum Schlüsse für die Lebenswelt des einzelnen Aventuriers ziehen (abgesehen davon, dass damit das ein ums andere Mal der Mythos und die Stimmung des Spiels gestört werden kann). Ein ähnlicher Fall ist die Aventurienkarte, die in der Welt weder so noch so ähnlich existiert.

Doch auch in den Texten, die explizit nur vorgeben Zitate aus der Spielwelt selbst zu sein, lauern Fallstricke und Missverständnisse. So wartet mancher Quellenband mit Zitaten aus Büchern oder mit Vorträgen „bekannter“ Persönlichkeiten auf, doch nur im seltensten Fall werden wir als Leser darauf hin gewiesen, welchen Verbreitungsgrad dieses Wissen beim einzelnen Aventurier tatsächlich besitzt. Da wird ein hoch magietheoretischer Absatz zur seltenen Kairanpflanze aus einem Buch des klügsten Magiers aller Zeiten (Rohal der Weise) als Quelle angegeben, doch meine arme Hexe aus den Wäldern Weidens kann nicht einmal lesen.

Ähnlich kompliziert wird es, wenn der Urheber des Textes eine Einzelmeinung oder verbotene Ansichten zum Besten gibt. So wird der Abriss über die Entstehung der Welt mit einigen Zeilen garniert, die nahe legen, der Namenlose sei der erste unter den Göttern und Mitgeschwister der Zwölfe. Zu dumm nur, dass dies lediglich die Ansicht einer verbotenen Sekte ist und jeder zwölfgöttliche Geweihte arge Probleme damit hätte, das abgrundtief Böse gleichberechtigt neben seinen rechten Gott zu stellen. Dabei mag es sogar Sympathisanten dieser Idee geben, allgemeines Kulturgut ist diese Vorstellung jedoch gewiss nicht.

Manche Spielhilfen bestehen sogar gänzlich nur aus Texten, die der Spielwelt selbst entlehnt sein sollen und bedienen sich verschiedener Zeugenaussagen, Märchen und Gerüchten. Dies sind dann auch die wenigen Fälle, in denen wirklich deutlich wird, dass nicht jeder Satz in einem DSA-Buch für bare Münze genommen werden sollte. Denn dort kollidiert das Bedürfnis des Lesers absolute Informationen zu erhalten am heftigsten damit, dass hinter solchen Ausführungen oft nur das Bedürfnis der DSA-Redaktion stand, schöne und stimmungsvolle Texte zu verfassen, die uns einen Einblick in die Vielfalt aventurischer Kultur und das warme Gefühl eines Märchenabends am offenen Kamin vermitteln wollen.

"Des Bosparaniels Kern"

Da stellt sich einem die Frage, wie man denn überhaupt noch mit solchem „Wissen“ umgehen soll? Denn das Gelesene zu vergessen, oder sich nicht mehr mit der Hintergrundwelt zu beschäftigen, ist schließlich auch keine Lösung. Das Mühseligste daran ist, erst einmal die Hinweise oder Quellenangaben im Text selbst mit zu lesen und im Hinterkopf zu behalten. In beinahe allen anderen Fällen sind wir auf uns allein gestellt. Hier nun bleibt uns nichts anderes übrig, als uns auf das bereits erwähnte Prinzip des DSA zu verlassen: Den fantastischen Realismus. Und da die DSA-Welt den Anspruch hat dem gesunden Menschenverstand zu folgen, rate ich also, haltet euch an die Welt selbst. Denn in vielen Punkten ist Aventurien sehr um Realismus bemüht und seine Bewohner unterscheiden sich stark in ihrer Bildung, ihrem Stand, ihren Erfahrungen und ihrem Glauben. Kann der Bauer die magischen Bücher lesen? Wird der zwölfgöttliche Geweihte den Namenlosen als Gott anerkennen? Hat der mittelreichische Krieger schon einmal einen Blick in die Wappenrollen Andergasts werfen können? Und sind dem Bürger des Horasreiches die Einzelheiten von Borbarads Plänen bekannt?

Also Leute lasst euch nichts erzählen und denkt für euch selbst. Doch vergesst niemals die zwei Grundregeln des Rollenspiels: „Einigt euch mit euren Mitspielern“ und „Der Meister (der Spielleiter) hat immer recht“.

soviel erst mal
von Eurem
Jester (auch NeuDelli genannt)

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