[DSA-Kolumne] 

DSA und seine großen Kampagnen I

07.10.2012, 12:00 Uhr
DSA-Kolumne
Was Großes spielen!

Wer kennt das nicht? Du hast gespielt. Und zwar DSA. Das schwarze Auge. Eine Welt für sich und Du hast sie im Kleinen für Dich schon entdecken können. Sei es in dem Du über die grünen Wiesen „Drakensangs“ gehuscht bist, die Bilderbuchoptik von „Satinavs Ketten“ genossen hast, bei „Herokon“ auf dem Laufenden bleibst oder News vom kommenden Schwergewicht „Demonicon“ regelmäßig checkst. Das DSA scheint seinen Weg in die virtuelle Landschaft gefunden zu haben, noch nie gab es so viele Spiele die offiziell, aber trotzdem digital in Aventurien spielten, wie heute. Doch trügt der Schein? Diese Frage sei an einer anderen Stelle geklärt, vielmehr schwenken wir heute mal wieder mehr in die Welt des Pen & Paper, doch keine Angst, es geht heute um die großen Geschichten. Die epischen Sagen, die jeder Spieler am Spieltisch mit einem rollenden W20 selbst mitgestalten kann. Es geht um die Pen & Paper-Kampagnen.

Doch eines sei vorweg gesagt: Hier wird nicht gespoilert, die Kampagnen werden im groben vorgestellt, sodass genug Einblick für reichlich Neugier geweckt wird, aber doch wenig genug, damit auch Spieler beruhigt weiterlesen können, die die ein oder andere Kampagne noch nicht gespielt haben, es aber noch wollen. Wenn dann handelt es sich um sehr weiche Spoiler, die höchstens ein paar Begegnungen vorwegnehmen, aber nicht den Inhalt, der in der Begegnung thematisiert wird, ansonsten sollen Andeutungen genügen.

Die alte Zeit mit den alten Regeln oder wie große Geschichten geboren wurden…

Am Anfang gab es Havena und mehr nicht. Mehr hatten sich die damaligen DSA-Redakteure zu Anfang noch nicht ausgedacht, aber das reichte ja auch erst einmal. Eine ganze Stadt, die es zu entdecken galt. Drumherum entstand mit der Zeit der ganze Rest und die großen Kampagnen standen während dieses Prozesses Pate bei der Entstehung von dem, was heute gemeinhin als Meta-Plot verstanden wird. Ein diffuser roter Faden, der die aventurische Zeitgeschichte in ihrem Kern zusammenhielt und es immer noch tut.

Inzwischen haben wir die 4.1 Regeledition (Kurz: DSA4.1) doch angefangen hatte alles mit der ersten, bei der es nicht viel mehr gab, als ein paar Eigenschaften und Regeln, die an Komplexität im Vergleich zu heute wirklich simpel sind. Die erste Kampagne nutzte noch das Regelwerk der 1. Edition (kurz: DSA1) und trug den Namen „Die Orklandtrilogie“ (1986-1987). Wie der Name schon verrät handelte es sich dabei um drei Abenteuer, die eine Gruppe von Helden in das gefährliche Orkland führte. Das alles sollte im Namen der ehrwürdigen, thorwalschen Hetfrau Garhelt passieren, die eine wackere Truppe von Abenteurern losschickte um das Orkland zu vermessen.

Durch den Spinnenwald, in den Purpurturm und ab zum Orkenhort

Das erste Abenteuer heißt „Im Spinnenwald“ und ist von einem der führenden Köpfe bei der Schöpfung des DSA höchst selbst, Ulrich Kiesow (R.I.P.), geschrieben worden und offenbart noch wirkliche Schwächen. Wer dieses und die folgenden Abenteuer der „Orklandtrilogie“ auf das heutige DSA4.1 übertragen will, der muss schon einiges an Arbeit leisten, unmöglich ist es jedoch nicht. So funktionierte die Fortbewegung über eine Karte der Region, die in einzelne Kästchen unterteilt war und die wiederum mit unterschiedlichen Terrain-Typen unterlegt waren (Wald, Steppe, Hügel/Berge, Klippen und Sumpf), stets hatte der Meister eine Zufallstabelle mit abgefahrenen Begegnungen passend zum Terrain-Typ an seiner Seite, wie etwa Moosaffen im Wald oder Klippechsen an den Klippen. Inwieweit das alles mit dem aktuellen DSA-Bild konform geht, sei mal dahingestellt, jedoch mag dem ein oder der anderen das Nostalgie-Herz aufgehen, wenn die Möglichkeit besteht vielleicht mit einem echten Riesen (von denen es nicht viele auf Aventurien gibt) zu reden oder gar einem Einhorn. Das Ende des ersten Abenteuers ist vollbracht, wenn der Spinnenwald durchquert ist, dann kann es weitergehen. Natürlich ist die Vermessung des Orklandes (ihr ahntet es schon) nur ein Aufhänger, jedoch keiner, der mit fortführenden Handlung gar nichts zu tun hätte.

Was jedoch schon beim ersten Teil als deutliche Schwäche sichtbar wird, ist auch ein Problemkind der ganzen Trilogie. Die Abenteuer sind etwas sehr schlauchförmig geraten, die Spieler könnten sich gerade nach aktueller Sicht etwas arg gegängelt vorkommen. Hier sei auch beim zweiten Teil, eine ruhige, aber wohl weislich bedachte, bearbeitende Hand eines Meisters empfohlen. Erfahrung ist hierbei sicherlich ein Vorteil, da die Kampagne aber schon zu den Zeiten seiner Veröffentlichung für Einsteiger gedacht war und es auch heute noch ist. Als kurzer Schwenk, sei hierbei für Leute, die eine gute und (etwas) aktuellere Einstiegskampagen spielen möchten, spontan die Spielstein-Kampagne (2002-2004) empfohlen.

Das zweite Abenteuer der „Orklandtrilogie“, um zum eigentlich Thema zurückzukommen, heißt „Der Purpurturm“ und dort wird sich vielleicht spätestens der erste unerfahrene Held, die Frage stellen, was mache ich eigentlich hier im Orkenland, wo es doch so gefährlich und unwirtlich ist? Die Hetfrau der Thorwaler hat ja noch nicht mal eine wirkliche Belohnung in Aussicht gestellt, als ein bisschen Ruhm. Das Problem mit der Motivation ist gerade beim Rollenspiel ein nicht zu vernachlässigendes und sollte auch keinesfalls unterschätzt werden. Eine mögliche Motivation könnte eine Erwähnung des Orkenhortes sein, eines der sagenhaftesten und der Sage nach auch größten Schätze, die es auf Aventurien zu finden gibt. Auf jeden Fall gibt es auch wieder spannende Begegnungen, wie die mit dem wirklich interessanten, aber doch auch etwas merkwürdigen Volk der Grolme. Am Ende geht es in den Turm und dort warten auch für heutige Verhältnisse immer noch recht knackige Rätsel, die dem zweiten Teil die nötige Würze verleihen, um sich vom Vorgänger abzuheben.

Bei dem dritten Abenteuer, „Der Orkenhort“, scheiden sich dann die Geister. Sicherlich kann ein guter Meister mit einer guten Gruppe vieles so gestalten, dass zum einen der Frustrationsgrat nicht allzu hoch ist, denn ein Sterben im letzten Teil der Kampagne ist streng den Regeln nach mit nur ein klein wenig Würfel- oder Entscheidungspech nicht allzu schwer. Auch gibt es einige bizarre bis skurrile Begegnung, die an dieser Stelle jedoch nicht vorweg genommen sein sollen, da die Überraschung in diesem Fall doch ein Großteil des Reizes ausmacht, dennoch kann der Abschluss auch als eine Art großes Kino bezeichnet werden, schließlich trägt der letzte Teil nicht umsonst den Namen des legendären Schatzes in seinem Titel.

Alte Abenteuer im Neuen Gewand?

Wie ist eigentlich mit so einem richtig alten DSA-Abenteuer umzugehen? So richtig stimmen die Regeln halt nicht mehr ganz, manche Teile sind sogar unvereinbar mit dem heutigen DSA-Kanon und doch kann ein findiger Meister natürlich auch uralte Klassiker so umarbeiten, dass sie heute noch begeistern. Leider muss aber gesagt werden, dass viele alte Abenteuer hauptsächlich zu Dungeon-Crawling und eben stromlinienförmigen Handlungen neigen. Was also tun?

Zum einen gibt es in den aktuellen DSA4.1-Regelwerken eine Vielzahl an Anregungen. Da viele Regeln optional sind, können sie (allerdings kostet das schon einiges an Arbeit) mit denen von Abenteuern aus den Anfängen abgeglichen werden. Es ist aber auch durchaus möglich und interessant, sich selbst Gedanken zu machen, wie es für die Spieler moderner und interessanter gemacht werden kann.

So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, wenn in einem Abenteuer mal wieder Hack-&-Slay in einem Raum bis alle Gegner tot sind angesagt ist, sich als Meister die Gegner aufzusparen und sie wohl abgestimmt auf die Rollenspielaktionen der Spieler zu verwenden. Was nützt es, wenn die Spieler sich in schieren Würfelorgien langweilen, wenn doch mehrere dutzend Gegner in dem Abenteuer vorgesehen sind, die aber streng nach Vorgabe alle in einer einzigen Situation verbraten werden sollen?

Das Transponieren von älteren DSA-System auf das aktuelle DSA4.1 kann (gerade beim Kampfsystem) zur Nervprobe werden, ein Phex sind mehrere der damaligen Klassiker in Sammelbänden neu aufgelegt, so auch unser nächster Vertreter aus den Jahren 1986-1989.

Ab in den lockenden Süden – Piraten, Meeresmenschen und unentdeckte See

Vorab, diese aus vier Abenteuern bestehende Kampagne ist eine von jenen, die, wie gerade erwähnt, in dem Sammelband „Lockruf des Südmeers“ (Autoren: Werner Fuchs, Robert Simon, Dietrich Limper) im Jahr 2001 wieraufgelegt wurde. Es wurden dabei aber die Regeln von DSA3 benutzt und nicht von DSA4.1. Angefangen wird mit „Das Grauen von Ranak“ und hier sei wirklich angeraten, dieses Abenteuer und vielleicht auch die weiteren mit einem nostalgisch freundlichen Auge zu betrachten. Die Schwächen gerade älterer Abenteuer wurden ja bereits aufgezählt. Meist wird eine Heldengruppe durch eine schlauchförmige Quest geschleust, bei der an den wichtigsten Stellen große Kämpfe aufwarten. Natürlich ist das nicht mehr zeitgemäß und schon gar nicht im Sinne modernen Rollenspiels, jedoch mag es mir der ein oder andere Leser verzeihen, aber ab und an ist das auch genau das Richtige. Ab und an braucht es ein Abenteuer das roh, alt und nicht besonders ernst zu nehmen ist und da sind die Klassiker aus den ersten Stunden des DSA gerade richtig.

„Das Grauen von Ranak“ nun führt unsere Helden in die südlichen Gefilde ein, nämlich in das kleine Fischerdörfchen Ranak im Königreich Brabak. Dort verschwinden Fischer, was den Zusammenhalt des Dorfes extrem gefährdet und es braucht wackere Abenteurer und Streiter um dieses Rätsel zu lösen. Diese reisen danach in dem Abenteuer „Die Fahrt der Korisande“ per Karavelle und versuchen den Ursprung von dem, was in Ranak das Grauen erzeugt hatte nachzuspüren. Hierbei darf sich jeder Spieler auf ein wirklich heute noch sehr innovatives Dungeon freuen, dass so einiges von dem, was später in „Fluch der Karibik“ vorkam, indirekt vorwegnahm.

Im dritten Abenteuer, „Die Insel der Risso“, führt es die Heldengruppe dann auf eine Vogelinsel auf der eine absonderliche Rasse von Meermenschen lebt, die Risso. Hierbei wird jeder Spieler, der Spaß daran hat, Expeditionen zu spielen, seine helle Freude haben. Den Abschluss bildet dann „Der Bund der schwarzen Schlange“ indem die Helden auf einer sehr stimmungsvollen Vulkaninsel endlich die Möglichkeit bekommen die Drahtzieher hinter den Attacken auf das Königreich Brabak zu stellen und die ganze Wahrheit zu erfahren und die, es sei noch mal erwähnt, ist großartiges Piratenflair im Stil von „Fluch der Karibik“.

Doch eines muss auch noch mal an dieser Stelle betont werden. Selbst, wenn ein Meister/Spielleiter nicht die alten Abenteuer hernimmt, sondern schon das neu aufgelegte „Lockruf des Südmeers“, dann sei dringend empfohlen zu versuchen, da noch mehr herauszuholen. Vielleicht mag es der einen oder dem anderen helfen, wenn er oder sie die Abenteuer mehr als Anregung nimmt, die Ideen, die aus dem Setting gefallen sich herausnimmt und dann eine eigene großartige Kampagne mit vielen eigenen Ideen daraus spinnt. Das Internet hält dabei einige Seiten bereit auf denen viele Anregungen, Tipps und Ratschläge zur Modernsierung spezieller, älterer Abenteuer gerne geteilt werden.

So ist es beispielsweise durchaus ratsam auf den einen oder anderen Twist aus der Südmeer-Tetralogie zu verzichten und nicht auf eine überraschende Wende zu bauen, wie in einem platten Ratekrimi. Auch lässt sich das schlauchartige Design der Abenteuer wunderbar aufbrechen. Der Startpunkt, der im Abenteuer vorgegeben ist, muss nicht identisch mit dem sein, der direkt im Abenteuer vorgegeben wird. Oft ist es, gerade in älteren Abenteuern, hinderlich streng nach Plan vorzugehen, da dadurch kreative Ideen von Spielern und auch vom Meister selbst blockiert werden können.

Was soll ich denn mit dem alten Zeug?

Richtig, was sollst Du damit? Es gibt einen Haufen neuer Abenteuer, die mal mehr, mal weniger optimal auf die aktuelle Edition DSA4.1 abgestimmt sind. Wieso also zu alten Ideen greifen, die längst überholt scheinen? Die Antwort liegt in der Spielwelt selbst begründet. Wie bereits in vorherigen Kolumnen beschrieben wurde, gibt es im DSA eine fortlaufende Zeitgeschichte. Und die „Orkland-Trilogie“ spielt beispielsweise etwa um die Zeit von ca. 997 BF und die „Südmeer-Tetralogie“ 1001 BF. Anekdoten aus diesen alten Kampagnen sind immer noch in Regelwerken zu finden und mal ganz ehrlich, was gibt es denn Schöneres in der aventurischen Welt, als Teil von großen Ereignissen zu sein. Sicher, wie uns „Am Fluss der Zeit“ gezeigt hat, kann auch ein DSA-Spiel, bei dem mal nicht die Welt gerettet werden muss verzücken, jedoch sollte es immer beides geben, die großen Abenteuer mit Schlachten, Epik und vielleicht sogar einer Romanze und die kleinen, die sich durch interessante Charaktere und wirklich kreative Ideen in der Umsetzung auszeichnen.

An dieser Stelle sei erst einmal ein Punkt gemacht. Jedoch sei darauf verwiesen, dass mit zunehmender Zeit die DSA-Kampagnen auch ausgefeilter und natürlich auch moderner wurden. Darauf sei aber zu einem anderen Zeitpunkt eingegangen. Also viel Spaß beim Vermessen des Orkland und/oder beim Setzen der Segel in die südlichen Gewässer Aventuriens!



Euer hangingtree


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