[DSA-Kolumne] 

Pen & Paper vs. Computer-RPG, Teil 1 - von CrazyIvan

30.06.2013, 14:58 Uhr
DSA-Kolumne


Das leidige Thema „Powergaming“

Ivan Ertlov

Ein Trollzacker ging auf die Akademie Schwert und Stab zu Gareth...

...zugegeben, das klingt jetzt wie der Beginn eines sehr flachen Witzes, eine Variante des Klassikers “Ein Elf, ein Zwerg und ein Esel kommen in eine Bar...”
Allerdings hat es einen realen, für den geneigten Rollenspieler eher tragikomischen Hintergrund. Vor knapp zwei Jahren hatten wir in unserem Rollenspielverein das Bestreben, parallel zu unserer aktuellen Spielrunde, die sich gerade mitten in der “Gezeichneten-Kampagne” befand, eine lockere Zweitparty aufzubauen, die sich durch diverse kleinere, selbst geschriebene und gekaufte, Abenteuer spielen sollte. Mangels der erforderlichen Spieler wurde ein alter Freund aus dem Bekanntenkreis reaktiviert, der sich in der Vergangenheit schon einen gewissen, nicht gerade berauschenden Ruf als „Powergamer“ aufgebaut hatte. Ja, da haben wir es, das wunderschöne Reizwort, das eine Gruppe friedlicher Rollenspieler innerhalb kürzester Zeit in einen sich gegenseitig zerfleischenden Mob verwandeln kann. Und ich verwende es keineswegs leichtfertig. Denn in diesem speziellen Fall sprechen wir von jemandem, der bei Baldurs Gate 34 Stunden lang nonstop durchgewürfelt hatte, bis alle Werte auf Maximum waren. Warum das in einem Computerspiel zwar psychologisch bedenklich, aber keineswegs verwerflich ist, klären wir etwas später.

Also, wir treffen uns in unserem verrauchten Vereinshaus, jeder hat seinen frisch erstellten Charakter mit, erzählt den anderen alles über den Char, was diese wissen sollen (oder dürfen), und dann kommt dieser besagte Freund, nennen wir ihn der Einfachheit halber M. Ringler – nein, das ist zu offensichtlich, nennen wir ihn lieber Markus R.- und legt seinen Char auf den Tisch.
Ich will das ganze Drama nicht ausführlich schildern, aber wir sahen da einen Trollzacker Magier, Absolvent von Schwert & Stab zu Gareth, mit 60 Punkten Astralenergie (Stufe 1!!!) , eine feine Auswahl von Kampfzaubern auf 8 oder höher und zusätzlich nicht nur mehr Körperkraft, sondern auch mehr AT / PA als der frisch erschaffene Krieger. So etwas geht natürlich nur, wenn man ein paar Nachteile hat, in diesem Fall unter anderem Rachsucht, Grausamkeit 10, Jähzorn 8. (Wem jetzt noch nicht die UNSPIELBAR Alarmglocken angehen, dem kann ich leider auch nicht helfen.)

Hintergrundgeschichte gabs keine, ja nicht einmal der Versuch einer Ausrede oder einer am Zauberhaar herbeigezogenen Begründung, warum es diesen Psychopath auf eine Magierakademie verschlagen hat und wie er diese überstand ohne seine Kommilitonen auszurotten.
Wir haben uns nach einem klärenden Gespräch mit dem Spiele von ihm wieder getrennt, da er nicht einsehen wollte, dass es für seine Begleiter leicht deprimierend werden könnte, und seit diesem Abend haben wir relativ strenge Regeln, was neu erstellte Charaktere betrifft. Genau genommen werden diese in Beisein des Meisters erschaffen und ausdiskutiert.

Aber – und da kommen wir zur kritischen Unterscheidung – das zählt ausschließlich beim Pen & Paper, einem Foren-RPG oder einem echten Multiplayer Rollenspiel mit Fokus auf Role Playing. Als Producer der „neuen“ Schicksalsklinge habe ich einige Wochen gebraucht, um zu erkennen, dass ich in Bezug auf PG radikal umdenken muss.

Warum?

Weil es bei einem single player CRPG absolut legitim und verständlich ist, seine Charaktere auszumaxen. Man spielt regel- und spielmechanisch gesehen „gegen das Spiel“, und da ist es dem Spieler selbst überlassen, ob er (oder sie) sich jeden legitimen Vorteil verschafft, den Spielmechanik und Regelwerk zulassen. Wenn ein Spieler erkennt „oh, hier gibt es Zufallsbegegnungen, die mir reichlich Abenteuerpunkte bei wenig Risiko verschaffen“ und diese Gegend dann wirklich leerfegt; oder einen der Flecken, an denen man regelmäßig hochwertige Kräuter findet, immer wieder abgrast, Tränke braut und um dieses Geld seinen Helden eine Ausrüstung verpasst, die selbst horasische Händler vor Neid erblassen lässt, kann man es weder verdenken noch verurteilen. Bei manchen RPG-ähnlichen Spielen wie Fallout NV hab ich das selbst so gemacht.

Das Problem ist nur – es gibt auch den anderen Typ Spieler / Spielerin, also jene Leute, die selbst bei einem CRPG sich eine Hintergrundgeschichte ausdenken, und die Charaktere dann innerhalb der vom Spiel erlaubten Grenzen nach deren Macken, Eigenheiten und Vorlieben ausspielen und formen. Auch das muss dezidiert erlaubt sein, ja, man kann es sogar gezielt fördern.

Die gigantische Herausforderung ist das Balancing. Optimiert man den Schwierigkeitsgrad für den Maximum-Effizienz-Spielertyp, so wird es für den Herzblut-ROLLENspieler unsagbar schwer. Macht man es auch für eine Gruppe aus nichtoptimierten Charakteren absolut schaffbar, langweilt sich der Powergamer. Diese Herausforderung hat mir so manche schlaflose Nacht bereitet, und wir haben im Team des öfteren diskutiert, wie man das Dilemma lösen kann. Auf welche Lösung wir letztendlich gekommen sind?

Lasst euch überraschen...

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