Fragen Sie uns nicht, wofür »Drakensang« steht. Fragen Sie uns lieber, was hinter dem Namen steckt. Das wissen wir nämlich: ein glänzender Hoffnungsschimmer für anspruchsvolle Rollenspieler.
Dauersäufer kennen das Rote Auge, Kneipenprügler das Blaue Auge, aber das düster klingende Schwarze Auge könnte braver kaum sein. Denn hinter dem Namen verbirgt sich ein Papier-Rollenspiel, bei dem sich Spielergruppen mit Würfel, Stift und Fantasie zu Abenteuern zusammenfinden - Deutschlands Antwort auf das amerikanische Dungeons & Dragons. Das traditionsreiche Rollenspiel-System ist in den 90ern erfolgreich als Computerspiel-Serie umgesetzt worden (siehe Kasten), dann herrschte lange DSA-Flaute. Jetzt wird Aventurien neu gebaut - als Mischung aus Gothic und Baldur's Gate.
Spielt irgendwo
Auf der E3 in Los Angeles sprachen wir mit Martin Elsässer, dem Art Director des deutschen Entwicklers Radon Labs. Die Berliner entwerfen für Dtp das Rollenspiel Drakensang. Vorneweg: Mit der ursprünglichen Nordland-Trilogie hat das Spiel nichts zu tun, der Schauplatz greifen würden«, sagt Elsässer); für die Werktreue sollen vier erfahrene DSA-Autoren sorgen, die Radon Labs als Storyschreiber für die Hauptgeschichte engagiert hat. Dazu kommt das Zeichnerteam, das auch die Regelbücher illustriert.
Beinahe regeltreu
Seit 2001 gilt in Aventurien die vierte Edition des Regelwerks. Die bricht an manchen Stellen radikal mit den Vorgängern - unter anderem fallen das Stufensystem, die Würfelproben beim Aufstieg und die erzwungenen schlechten Eigenschaften weg, zu den Grundwerten kommt die Konstitution hinzu, vieles wird optional. Drakensang basiert auf diesem System, nimmt sich aber notwendige Freiheiten. »An die Basisregeln halten wir uns ziemlich genau. Wenn wir Abweichungen machen, dann stammen die aus den optionalen Regeln«, erklärt Martin Elsässer. Auf den stufenweisen Aufstieg der Helden mag Drakensang allerdings nicht verzichten. Auch bei den Zaubern wird aussortiert: »Wir können nicht alle Sprüche integrieren. Bei jedem überlegen wir uns: Lässt sich der im Spiel sinnvoll einsetzen?«
Auf den Kopf zuschlagen
Die vierköpfige Party, die je nach Spielabschnitt auch von einem oder mehreren Gefährten begleitet werden kann, läuft zwar durch eine 3D-Welt wie in Oblivion oder Gothic 3. Die Kämpfe sollen aber nicht als Action-Klopperei ablaufen, sondern taktisch wie in der Baldur's Gate-Serie. Das bedeutet: Sie dürfen jederzeit pausieren und Ihrer Mannschaft Anweisungen geben. Für Tiefe dürften nicht nur die Gruppenangriffe sorgen, die sie durch den kombinierten Einsatz mehrere Helden ausführen, sondern auch das Zielsystem, das Ihnen - wie in Fallout - erlaubt, Körperzonen direkt anzugreifen. Wer Ihnen nicht schreiend vor die Klinge läuft, will vielleicht erstmal plaudern. Weil die Talentabfragen direkt in die Dialogbäume eingebaut werden, erhalten gewitzte, einschüchternde, angesehene oder verführerische Helden spezielle Gesprächsoptionen; das erinnert Rollenspieler an Vampire 2: Bloodlines. (CS)t sich am Flair des Papier-Rollenspiels.
Auszug aus der GameStar-Ausgabe 08/2006.