Entwicklertagebuch #14
Datum: 23.02.2010

Das Interface-Design von „Drakensang: Am Fluss der Zeit“ oder Die Ökonomie des Mausklickens

In den vergangenen Entwicklertagebüchern haben wir euch schon viele Einblicke hinter die Kulissen unseres neuen Rollenspiels „Drakensang: Am Fluss der Zeit“ gewährt. Ihr wisst nun z.B., woher die Idee für das Spiel stammt und wie die Inhalte erarbeitet und schließlich technisch umgesetzt werden. Wir haben euch die verschiedenen Bereiche vorgestellt und euch aufgezeigt, wie wichtig gutes Teamwork ist. Letzteres spielt auch beim Interface-Design eine große Rolle. Warum das so ist, erklären wir euch unter anderem im vorletzten von insgesamt 15 Entwicklertagebüchern.

Das Interface darf sicherlich zu den bedeutsamsten programmiertechnischen Arbeiten gezählt werden. Denn ohne ein solches könnt ihr „Drakensang: Am Fluss der Zeit“ schlicht und ergreifend nicht spielen. Es ist die Schnittstelle zwischen euch und dem Computer, die Benutzeroberfläche, mit der (neben Maus und Tastatur) ihr im Spiel interagiert und es steuert. Bestandteile des Interface sind seine Menüs, Heldenansichten, Charakterbögen, Schnellleisten oder Landkarten. Aber auch die zahlreichen Symbole (Icons), Knöpfe (Buttons) und Sliders (Schieberegler), mit denen etwa Ansichten ein- und ausgeblendet oder die Charaktere gesteigert werden, gehören dazu.

Bei der Arbeit am Interface zeigt sich einmal mehr, wie sehr die einzelnen Bereiche miteinander verzahnt sind. Neben der Programmierung, die dafür sorgt, dass all die Menüs und Buttons richtig funktionieren, ist hierbei insbesondere unsere Grafik-Abteilung involviert. Sie ist dafür zuständig, dass das Interface auch hübsch gestaltet wird. Zunächst aber überlegt sich das Gamedesign welche Buttons und Menüs überhaupt erforderlich sind und in welche künstlerische Richtung das Ganze gehen soll. Unser für das Interface verantwortliche Grafiker muss sich dann noch Gedanken darüber machen, wie das Interface angeordnet sein soll – wo beispielsweise all die Buttons platziert werden, damit die Bedienung möglichst simpel und intuitiv ist.

Stichwort Gestaltung bzw. Anordnung: Natürlich schauen wir uns auch die Produkte unserer Konkurrenz genauer an und analysieren, welche stilistischen Mittel (Farben und Formen) dort Verwendung finden und wie die Menüs, Buttons usw. arrangiert werden. Wichtig ist nämlich, nicht mit den üblichen Spiel- und Sehgewohnheiten zu brechen. Ein Rollenspiel – das wisst ihr genauso gut wie wir – ist mit seinen unzähligen Handlungsmöglichkeiten eine reichlich komplexe Angelegenheit. Und um diese Komplexität in den Griff zu bekommen, muss das Interface anwenderfreundlich und überschaubar sein.

Standards, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten herauskristallisiert haben, werden also in jedem Fall eingehalten. Das bedeutet unter anderem, dass die Mauswege kurz bleiben und die Menüs logisch aufgebaut sind. Außerdem besagen ungeschriebene Gesetze beispielsweise, wo sich die Energiebalken oder die Schnellleiste zu befinden haben. Die Anordnung ist so gesehen eine Wissenschaft für sich. Sie muss ökonomisch und effizient sein. Zwei wichtige Buttons etwa sollten niemals nebeneinanderliegen, damit man als Spieler nicht Gefahr läuft, versehentlich den falschen zu drücken. Gleichzeitig muss die Optik des Interface ansprechend sein und – im Falle von „Drakensang: Am Fluss der Zeit“ – eine mittelalterlich-fantastische Atmosphäre vermitteln.

Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit werden beim Interface demnach groß geschrieben. Das beinhaltet auch, dass bestimmte Prozesse im Hintergrund ablaufen – wie das Auswürfeln der Kämpfe oder anderer Proben. Wer sich die Ergebnisse der Attacken und Paraden usw. dennoch anzeigen lassen möchte, kann selbstverständlich eine Output-Box aktivieren, in der dann sämtliche Proben dargestellt werden. Ähnliches gilt für die Charaktererschaffung: Hier habt ihr die Wahl, ob ihr manuell sämtliche Eigenschaften und Talentwerte auswürfeln oder eine automatisch generierte Figur ins Rennen schicken wollt. Das Interface ist somit auch dazu da, euch verschiedene Auswahlmöglichkeiten anzubieten und zum individuellen Spielerlebnis beizutragen.

Einiges am Interface wurde gegenüber „Drakensang“ verbessert. Nachdem wir ausgewertet hatten, was euch am ersten Teil gefiel und was weniger, wussten wir, wie unser neues Interface aussehen würde. So gibt es einige Design-Änderungen bei der Landkarte, die wir an dieser Stelle aber noch nicht verraten wollen. Überhaupt wurde der grafische Stil noch einmal überarbeitet, bietet aber andererseits auch viel Wiedererkennungswert.

Apropos Stil: Die DSA-Welt weckt unweigerlich visuelle Assoziationen. Auch dies gilt es bei der Gestaltung unseres Interface zu berücksichtigen. Solcherlei Assoziationen sind aber kein enges Korsett, sondern Anregung die viele künstlerische Freiheiten lässt.

Es muss jedoch noch einmal betont werden, dass es uns vor allem auf die Balance zwischen einer angenehmen optischen Gestaltung und der notwendigen Benutzerfreundlichkeit ankommt. Erst wenn diese beiden Faktoren buchstäblich zusammenfließen und eine Symbiose ergeben, haben wir unser Ziel erreicht.

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geschrieben von Torgan