Unser Exklusiv-Interview mit den Machern von Satinavs Ketten
Datum: 14.05.2012

Satinavs KettenHallo,
wir von DSA-Drakensang.de freuen uns, dass wir unsere Fragen an euch loswerden dürfen. Wir erwarten schon sehr gespannt Satinavs Ketten und freuen uns auf ein weiteres DSA-Computerspiel.


Wie seid ihr auf die Idee gekommen ein DSA-Spiel zu machen? Ist Ulisses/Chromatix auf euch zugekommen oder andersherum?

Die Idee ging ursprünglich von unserem Geschäftsführer Carsten Fichtelmann aus und ist schon vor der Firmengründung von Daedalic entstanden. Carsten war damals als Marketing & Product Director bei dtp entertainment tätig und wollte bereits zu diesem Zeitpunkt unbedingt ein Spiel in der Welt des Schwarzen Auges machen. Damals führte er auch schon erste Gespräche mit Dr. Stefan Blanck von Chromatrix über die Idee, ein Point&Click Adventure im DSA-Universum zu erstellen. Ohne ihn hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Drakensang nie gegeben, weil er den Leuten bei dtp so lange in den Ohren lag, bis das Projekt angeschoben wurde. Nach der Firmengründung von Daedalic wurden schließlich erste Konzepte und ein Prototyp erstellt, bis im Jahr 2010 die eigentliche Produktion von Satinavs Ketten losging.


Wie sieht die persönliche Beziehung der Mitarbeiter zu DSA aus? Gibt es eine DSA-Vergangenheit?

Viele Mitarbeiter hier sind mit DSA aufgewachsen und haben bereits in ihrer Kindheit oder Jugend die Pen & Paper Version oder die Nordlandtrilogie gespielt. Andere sind im Laufe der Entwicklung zum ersten Mal mit dem Schwarzen Auge in Berührung gekommen und mussten sich erst anhand von Romanen und Regelwerken ein gewisses Grundwissen aneignen.


Wie hat die Zusammenarbeit mit der DSA-Redaktion ausgesehen?

Wir haben vor allen Dingen sehr stark mit dem langjährigen DSA-Autoren Mark Wachholz zusammengearbeitet, der nicht nur an der Entstehung der Geschichte des Spiels beteiligt war, sondern auch zahlreiche Dialoge im Spiel geschrieben hat. Außerdem hat er uns dabei geholfen sicherzustellen, dass eine große Konsistenz zur Pen & Paper Vorlage gegeben ist. Unser Ziel war es, die Spielwelt so gut wie möglich einzufangen und nichts zu tun, was nicht auch im Rollenspiel funktionieren kann. Aber auch ansonsten hat die Zusammenarbeit mit der Redaktion gut funktioniert. Beispielsweise hat man für uns ein kleines Gebäude in der offiziellen Karte der Magierakademie von Andergast hinzugefügt, weil wir das für ein Rätsel im Spiel benötigt haben.


Inwieweit könnte es auch P&P-Spin-Offs von Satinavs Ketten geben?

Das ist aufgrund der etwas verworrenen Rechtesituation nicht so ganz einfach. Wir hätten aber sicher auch nichts dagegen, wenn Geron es in irgendein Abenteuer oder einen Roman schaffen würde.


An welchen Vorbildern habt ihr euch bei Satinavs Ketten orientiert?

Wir wollten vor allem eine spannende Geschichte mit märchenhaften Zügen erzählen. Dabei gab es jetzt zwar keine speziellen Vorbilder, aber natürlich haben wir uns vorher sehr stark mit allen möglichen Fantasy-Spielen, Büchern und Filmen beschäftigt.


Habt ihr mit anderen DSA-Spiele-Herstellern Erfahrungen ausgetauscht oder welche mit ihnen gemacht?

Wir haben uns auf verschiedenen Messen auch mit Entwicklern der anderen DSA-Spiele, die zurzeit in der Entstehung sind, getroffen und ein paar nette Gespräche geführt. Dabei ging es allerdings eher um Erfahrungen mit der DSA-Community als um die eigentlichen Spiele.


Was waren die größten Herausforderungen in dem Prozess, das DSA-Rollenspiel mit dem Adventure-Genre zu vereinen?

Die größte Herausforderung war es, die verschiedenen Erwartungen der Spieler unter einen Hut zu bekommen. Uns war es wichtig, nicht einfach nur irgendein x-beliebiges Fantasy-Spiel zu machen und dann die DSA-Lizenz draufzuklatschen, sondern wirklich etwas zu erschaffen, was in dieser Form nur in Aventurien funktionieren kann.


Was ist für euch der besondere Zauber Aventuriens? Welchen spezifischen aventurischen Facetten wolltet ihr mit Satinavs Ketten Leben einhauchen?

Aventurien ist eine sehr gut ausgearbeitete Spielwelt, die trotzdem noch genügend Freiräume lässt, um sich als Entwickler entfalten zu können. Wir haben versucht mit einem besonderen Grafikstil, der irgendwo zwischen Comic, Concept Art und Ölgemälde liegt, die Atmosphäre aus den Abenteuern, Regelwerken und Romanen einzufangen. Unser Ziel ist es, dass sich der Spieler gleich wie zu Hause fühlt.


Wie ist die Story entstanden? Warum Andergast?

Wie schon erwähnt, haben wir schon vor einigen Jahren begonnen, erste Konzepte und einen Prototypen für ein DSA-Adventure zu machen. Zum damaligen Zeitpunkt wäre die Story aber extrem episch geworden. Wir haben uns immer wieder mit Spielern aus der Zielgruppe getroffen und haben dabei versucht, herauszufinden, in welche Richtung wir mit der Entwicklung gehen sollen. Dabei kam unter anderem heraus, dass eine bodenständige Geschichte deutlich besser ankommt, als der hundertste Rette-die-Welt-vor-dem-Untergang-Epos. Von unseren ursprünglichen Plänen sind letztendlich nur die meisten Locations des Spiels übrig geblieben. Besonders Andergast bietet dabei einen hervorragenden Ausgangspunkt für die Geschichte. Die ganze Region ist von den zahlreichen Ereignissen in Aventurien der letzten Jahre verschont geblieben, so dass sich auch Spieler, die seit zehn Jahren nicht mehr gespielt haben oder vielleicht auch noch gar keine DSA-Erfahrung haben, schnell zurecht finden können. Die idyllische Stimmung zu Beginn des Spiels liefert außerdem einen sehr guten Kontrast zum eher düsteren Verlauf der Geschichte.


Werdet ihr Rollenspieler und Liebhaber des Adventure-Genres gleichermaßen in den Bann von Satinavs Ketten ziehen können? Habt ihr bei der Entwicklung des Spiels beide „Typen“ von Spielern in besonderer Art und Weise berücksichtigt?

Das war sogar einer der wichtigsten Aspekte der Entwicklung. Wir haben immer wieder Fokusgruppentests gemacht und das Spiel an Adventure-Spieler ohne DSA-Kenntnisse oder DSA-Spieler, die noch nie ein Adventurespiel in der Hand hatten, gezeigt. Damit wollten wir herausfinden, ob das Spiel auch für Genre-Neulinge zu bewältigen ist und ob die Informationen über die Spielwelt verständlich genug sind.


Wird es weitere DSA-Spiele-Titel von euch geben?

Das hängt sicher auch davon ab, wie gut Satinavs Ketten bei den Spielern ankommt. Wir haben aber noch viele gute Ideen, um die Geschichte von Geron fortzusetzen oder neue Abenteuer in Aventuren zu erzählen. Und mal ganz ehrlich: Es wäre doch schade, wenn wir das ganze DSA-Wissen, das wir hier angehäuft haben, einfach so verpuffen lassen würden.


Gibt es Kämpfe im Spiel?

Wir haben anfangs überlegt, ob wir gerne Kämpfe im Spiel haben würden, uns dann aber dagegen entschieden. Die Umsetzung der Regeln hätte in diesem Fall nicht gut zu einem Adventurespiel gepasst. Außerdem ist Geron nicht gerade der Typ Held, der seine Probleme mit dem Schwert lösen möchte – oder könnte.


Inwieweit wurde das DSA-P&P-Regelwerk umgesetzt? Werden zum Beispiel die Charaktere ähnlich wie beim Rollenspiel entworfen?

Auch da haben wir uns Anfangs viele Gedanken gemacht. Letztendlich sind wir aber zu dem Entschluss gekommen, dass wir lieber den Fokus des Spiels auf eine gute Geschichte legen möchten, die auf eine fest vorgegebene Hauptfigur zugeschnitten ist. Abgesehen davon haben wir uns natürlich größte Mühe gegeben nichts zu machen, was irgendwie nicht mit den DSA-Regeln vereinbar wäre.


Wird es auch wirkliche Einflussmöglichkeiten auf den Verlauf der Geschichte geben oder nicht?

Der Verlauf der Geschichte ist im Wesentlichen vorgegeben. Es gibt aber ein paar Rätsel, die man auf unterschiedliche Art und Weise lösen kann. Außerdem kann man bei vielen Gesprächen auf unterschiedliche Weise antworten und so seinen Charakter ein wenig ausspielen. Dies hat aber nur Einfluss auf die Gespräche und nicht auf den eigentlichen Spielverlauf.


Was ist euer Lieblings-RPG? Was ist euer Lieblingsadventure?

Ich glaube, da gibt es so viele unterschiedliche Antworten wie es Mitarbeiter in der Firma gibt. Viele sind hier allerdings mit den alten LucasArts-Klassikern aufgewachsen und sind diesen daher ganz besonders verbunden.


Was ist euer Standpunkt zur Steam-Integration, die ja in der Community für einiges an Diskussion gesorgt hat? Wird man das Spiel auch offline spielen können?

Derzeit ist nur eine Version mit Steam-Aktivierung geplant, die man aber natürlich auch über den Offline-Modus von Steam spielen kann. Wir sind uns im Klaren, dass der Schritt, eine Online-Aktivierung zu verwenden, in der Community umstritten ist. Für uns ist dies aber eine der wenigen Möglichkeiten quasi durch die Hintertür überhaupt bei Steam stattzufinden – ein Markt, auf den man als Entwickler nicht verzichten kann, ohne massive Probleme zu bekommen. Wir hoffen darauf, dass es in Zukunft auch ohne Aktivierung möglich sein wird, unsere Spiele auf Steam zu platzieren.



Matthias Mangelsdorf (Producer/Projektleiter von Satinavs Ketten)

geschrieben von Leeyara