Interview mit Stefan Blanck
Datum: 13.08.2008

Parallel zur Veröffentlichung von Drakensang erschien auch ein begleitendes Browserspiel, mit dem ersten von mehreren geplanten Abenteuern namens „Abenteuer in Ferdok“. In Zukunft ist die Veröffentlichung von weiteren DSA-Abenteuern in browserbasierter Form geplant. Wir befragten Dr. Stefan Blanck, den Geschäftsführer der Firma Chromatrix, die für das Browserspiel verantwortlich zeichnet, zu den Browserspielen, zu Drakensang und zu DSA im Allgemeinen. Chromatrix hält die Rechte an Softwareumsetzungen für DSA-Abenteuer und hat somit auch direkt mit Radon Labs und deren PC-Umsetzung zu tun gehabt.


WoD: Hallo, kannst Du Dich bitte kurz denjenigen Lesern vorstellen, denen Dein Name im Zusammenhang mit DSA noch nichts sagt.

Stefan Blanck: Vorweg ein Hallo an die Leser. Ich begann 1988 DSA zu spielen und war unmittelbar von den Abenteuern und den Möglichkeiten eines Pen&Paper-Rollenspiels gefesselt. Tatsächlich ist es so, dass ich schon zuvor diverse Rollenspiele am Computer spielte, z. B. Bard’s Tale, Wizardry, Wasteland und vor allem das überragende Dungeon Master. Aber die unbegrenzte fantastische Spielwelt von DSA zog mich und meine Freunde sofort in ihren Bann.

Ein paar offizielle Abenteuer später schrieb ich dann auch sofort ein eigenes Abenteuer und sandte es an den Verlag, damals Schmidt Spiel + Freizeit. Kurz darauf bekam ich Antwort: Das Abenteuer hätte man an die DSA-Redaktion weitergeleitet. Im Kuvert befanden sich außerdem noch zwei ganz frühe Ausgaben des Aventurischen Boten. Das war wie eine Offenbarung: DSA ist ja viel mehr als einige abgeschlossene Abenteuer im Spieleladen. Diese Welt lebt! Ich war hin und weg.

Einige Zeit später rief mich der DSA-Urvater Ulrich Kiesow an, der mein Abenteuer veröffentlichen wollte. Bis das dann irgendwann tatsächlich ins Portfolio passte, dauerte es noch ein paar Jahre und das Abenteuer musste auch noch einmal an die zwischenzeitlichen Veränderungen von Aventurien angepasst werden. Es erschien unter dem Titel: Der Dschungel von Kun-Kau-Peh.

Sehr früh begann ich auch mit der Programmierung der DSA-Tools, einem Tool zur Generierung und Verwaltung von Helden sowie einem Kampfsimulator. Das wurde 1993 und in einer zweiten Fassung für die 3. Regeledition 1995 von Fanpro veröffentlicht.

Ab 1996 arbeitete ich als Produzent bei Fantasy Productions an der Nordlandtrilogie und weiteren Computerspielen bis im Jahr 2000 die Chromatrix gegründet wurde, der ich als Geschäftsführer vorstehe und die die DSA-Lizenzrechte für Software Entertainment besitzt.

WoD: Für DSA-Kenner kannst du dich auch über die DSA-Welt selbst vorstellen. Und zwar so:
Welcher NPC wärst Du am liebsten in der DSA-Welt?

Stefan Blanck: Als Spielleiter hat man ja die Gelegenheit, in die Rollen berühmter NPCs zu schlüpfen und als diese zu agieren. Besonders Spaß bereitet haben mir Dexter Nemrod, durch dessen Autorität und gleichzeitig undurchschaubares Agieren man die Spielerhelden leicht in ein Wechselbad der Gefühle versetzen konnte. Gerade weil er – aus der Betrachtung der Spieler heraus – nicht eindeutig „Gut“ oder „Böse“ handelt, macht es ihn so interessant.

Ich hätte mich gerne noch mehr mit Galotta beschäftigt, aber der ganze Bombast der Post-G7-Situation in den Schwarzen Landen war zu überwältigend, um diesen bedeutenden Charakter besser auszukleiden. Mir ging es als Spielleiter zumindest so, dass ich schon froh war, bei den Aktionen der Helden halbwegs den Überblick zu behalten. Ich freue mich deshalb umso mehr über die beiden Romane von Kathrin Ludwig und Mark Wachholz „Der Hofmagier“ und „Feuertänzer“ und den im nächsten Jahr erscheinenden 3. Teil zu Galotta: „Der Aschengeist“. Das sind absolute Highlights unter den DSA-Romanen, die jeder gelesen haben sollte.

Besonders fasziniert war ich früher auch von Tar Honak. Mit Bernhard Hennen arbeitete ich an der Story für eine Fortsetzung der Nordlandtrilogie, bei der Tar Honak eine zentrale Rolle eingenommen hätte. Aber daraus wurde leider nichts.

WoD: An welchem Ort in der DSA-Welt würdest Du am liebsten leben?

Stefan Blanck: Die Frage ist meiner Auffassung nach falsch gestellt, denn sie impliziert, dass man sich an einem Ort besonders wohlfühlt um dort zu leben. Genau das möchte ich als Held aber nicht. Ich möchte jeden Tag etwas Neues erleben und in Gebiete aufbrechen, in denen ich noch nicht war.

Um die Frage aber dennoch halbwegs zu beantworten: Ich denke, ich würde mich unter Thorwalern wohlfühlen, jeden Abend volle Krüge stemmen, aufs Meer hinausblicken und einer Rauferei nicht abgeneigt sein, sofern man sich danach wieder in die Arme fällt. (Hohe KO- und KK-Werte vorausgesetzt.)

WoD: Welchen Heldentyp magst Du am meisten?

Stefan Blanck: Ich spiele am liebsten einen Streuner. Meine zweite Wahl fällt auf einen Thorwaler. Bei Drakensang spiele ich allerdings eine tulamidische Elementaristin.

WoD: Welcher Gott wäre Dein Schutzgott?

Stefan Blanck: Die Antwort fällt mir nicht ganz einfach. Für meine typischen Helden gibt es ohnehin keine Präferenz, da ich keine Geweihten spiele oder sonst welche, die einen engen Bezug zu einem bestimmten Gott haben.

Die Antwort gebe ich also eher persönlich und das wäre: Tsa, die Wandelbare, denn ich bin kein Mensch, der Stunde für Stunde, Tag für Tag und Jahr für Jahr immer wieder das Gleiche machen möchte. Abwechslung hält das Leben interessant.

Zwei weitere Götter würde ich flankierend nennen: Hesinde und Phex.

WoD: Kommen wir zu den etwas ernsthafteren Fragen: Wie kam es eigentlich zur Idee des Browsergames? Sicher spielte der Erwerb der Rechte an den vor einiger Zeit erschienenen Handyumsetzungen eine Rolle dabei...

Stefan Blanck: Die DSA-Soloabenteuer für Handys waren international sehr erfolgreich. Leider wurde unser ehemaliger Publisher elkware vor Jahren an ein sehr großes amerikanisches Unternehmen verkauft, die etwa 1 ½ Jahre später den Geschäftsbereich „Mobile Games“ komplett aufgaben. Davon waren auch wir betroffen. Von einem auf den anderen Tag wurden die Server abgestellt, aber davon wurden wir noch nicht einmal in Kenntnis gesetzt. Es dauerte fast 9 Monate, bis wir sämtliche rechtlichen Details geklärt hatten und mit unserer Entwicklung jetzt wieder völlig unabhängig sind.

Zunächst plante ich, die Mobile-Games erneut zu veröffentlichen, aber erstens ist der Mobile Gaming Markt weltweit schwieriger geworden und zweitens ist ein Relaunch mit einem so großen Portfolio, wie wir es bereits mit 15 Titeln besitzen, zudem nicht einfach.

Seit einem Jahr reifte deshalb bei mir die Idee, die Spiele als Browsergames zu veröffentlichen.