Interview mit Stefan Blanck
Datum: 13.08.2008


WoD: Ein Nachfolger von Drakensang (ob als Addon oder als zweiter Teil sei einmal dahin gestellt) ist bereits in aller Munde. Wirst Du dann auch wieder mit Deinen Kollegen an der Konzeption der Story beteiligt sein so wie beim ersten Teil?

Stefan Blanck: Das steht noch nicht fest. Für ein Addon ist ja noch so viel Material vorhanden, das es nicht in die veröffentlichte Version geschafft hat.

Ich wäre in jedem Fall gerne wieder dabei.

WoD: Welche Gegend Aventuriens erscheint dir besonders geeignet für ein weiteres spannendes und interessantes PC-Spiel? Oder sind alle Gegenden gleich gut geeignet und es kommt vor allem auf Story und Umsetzung an?

Stefan Blanck: Ich würde gerne ganz DSA virtuell bereisen können. J Es gibt so viele interessante Gegenden, dass ich wirklich an dieser Stelle keine gesondert herausgreifen und als meine „Lieblingsgegend“ deklarieren möchte. Man könnte vielleicht annehmen, dass manche Gegenden weniger gut geeignet sind, aber das halte ich für oberflächlich, da es tatsächlich auf die Details bei der Story und Umsetzung ankommt. Wenn man z. B. auf die Khom-Wüste der Aventurienkarte blickt, könnte man annehmen: Oben, unten, links und rechts: Wüste! Was soll es da schon interessantes geben? Aber wenn man einen Ort konkret gestalten würde, dann entdeckte man dort womöglich eine Oase von Wüstenkriegern gleich neben einer Schlucht mit Khomwaranen und Riesenskorpionen, die einem den Weg zu einer alten Feste versperren, die mehr als 50 Schritt hoch in den Sandstein am Ende der Schlucht gehauen ist. Was oder wer sich darin wohl verbirgt? Wer hat sie geschaffen?

WoD: Am 23. April 2007 wurde die Produktion des Rollenspiels DSA von FanPro durch Ulisses Spiele übernommen. Das gab einige Umwälzungen in der Szene. Inwiefern hat das die Arbeit an Drakensang beeinträchtigt?

Stefan Blanck: Überhaupt nicht. Die Arbeiten an der Story waren zu diesem Zeitpunkt schon lange abgeschlossen. Außerdem hätte es auch davon unabhängig keine Auswirkungen gegeben, denn Ulisses setzt auf die eingespielte DSA-Redaktion, die zuvor für Fanpro tätig war.

WoD: Sogar der Stern schreibt nun über Drakensang und DSA und fragt sich, ob Pen&Paper nun zurück kehren, nachdem sie in den 90er Jahren von den neuen Medien verdrängt wurden. Doch kann es gerade ein neues Medium wie Drakensang schaffen, die Leute wieder an den Spieltisch zu bringen und die Maus und Tastatur gegen Stift und Würfel einzutauschen?

Stefan Blanck: In jedem Fall wird das Pen&Paper-DSA neue Spieler gewinnen. Davon bin ich überzeugt. Das war übrigens bei der Nordlandtrilogie schon genauso und selbst durch die Handyspiele haben wir Interesse am Pen&Paper-DSA geweckt. Wie viele Spieler das unterm Strich tatsächlich sein werden, die durch Drakensang zum Pen&Paper-Rollenspiel kommen und das über längere Zeit spielen, bleibt pure Spekulation. Die Hochzeiten des Pen&Paper-Rollenspiels waren die 80er Jahre. Die kommen nicht wieder, denn heute gibt es nicht zuletzt durch Computerspiele und MMOs im Besonderen, ganz andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und jede Stunde genauso wie jeden Euro, kann man nur einem Zeitvertreib widmen. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass das Erlebnis eines Pen&Paper-Rollenspiels an einem Tisch gemeinsam mit Freunden durch keine andere Art des Spielens kompensiert werden kann. Zumindest sehe ich das trotz voranschreitender technischer Möglichkeiten am Computer auch in den nächsten Jahren nicht. Insofern freue ich mich, wenn der eine oder andere mal ein DSA-Spiel gemeinsam in geselliger Runde spielt.

WoD: Gab es Momente, wo Du Dir überlegt hast, ob Du weiterhin mit Computer- und Rollenspielen beschäftigt sein willst. Schließlich haben Rollenspiele - und gerade in der Pen&Paper-Variante noch immer ein wenig den Ruch des Nerdigen. Von Außenstehenden werden sie gerne als Beschäftigung für Freaks angesehen. Und schließlich wird man ja älter und ab einem gewissen Alter hinterfragt man sich vielleicht, ob man sich wirklich sein Leben lang mit "Spielen" auseinandersetzen will.

Stefan Blanck: Diese Frage wurde und wird mir häufig auch von Verwandten und Freunden gestellt. Aber mir macht das Spaß. Ich liebe die Abwechslung, auch wenn es nicht selten extrem stressig ist und es keine geregelten Arbeitszeiten gibt. Wer lediglich von Montag bis Freitag acht Stunden am Tag arbeiten will und ansonsten seine Ruhe haben möchte, der sollte tatsächlich einen anderen Job ergreifen.

WoD: Was hältst du eigentlich von dem Browser-Reise-DSA-Game "Antamar"?

Stefan Blanck: Finde ich nicht uninteressant. Die Ambitionen sind für mein Dafürhalten etwas zu hoch gesteckt und die Anzahl der Features sollte reduziert werden.

WoD: Wäre Chromatrix auch für die Vergabe eines DSA-Filmes zuständig (rein theoretisch natürlich!)?

Nein, für Film- und TV-Lizenzen sind wir nicht zuständig.

WoD: Schreibst Du auch heute noch selbst DSA-Print-Abenteuer oder planst Du zumindest noch welche?

Stefan Blanck: Nein, dazu fehlt mir schlicht die Zeit.

WoD: Mit Gothic 4 bist Du ja gleich noch in die Entwicklung eines zweiten großen deutschen Rollenspiels eingebunden. Inwiefern sind diese beiden Spiele vergleichbar?

Stefan Blanck: Drakensang und Gothic 4 sind zwei grundverschiedene Spiele, auch wenn sie beide dem Genre Rollenspiel zugeordnet sind. Bei Drakensang führt der Spieler eine Party und bei Gothic 4 einen einzelnen Namenlosen Helden. Das Gameplay von Gothic 4 ist direkter, denn der Spieler bestimmt die Aktionen seines Helden unmittelbar. Bei Drakensang hingegen werden die festgelegten Aktionen mittelbar und zeitversetzt ausgeführt.

Bei Gothic 4 bin ich für das Game Design verantwortlich. Die Story wird von anderen entwickelt. Da werfe ich nur immer mal wieder einen Blick darauf und gebe Kommentare ab. Bei Drakensang war es genau umgekehrt. Da schrieb ich an der Story mit und habe mich in das Game Design von Radon Labs nicht im Geringsten eingemischt.

Ich freue mich über beide Spiele. Und vor allem freue ich mich darüber, dass deutschen Entwicklerteams die Möglichkeit geboten wird, sie hierzulande zu entwickeln. Am schönsten wäre selbstverständlich, wenn beiden auch international ein großer Erfolg gelänge.

WoD: Vielen Dank, daß Du Dir Zeit für unsere Fragen genommen hast.